Dieser Beitrag wurde im Februar 2021 leicht angepasst und aktualisiert.

Seit der Pandemie sind Lehrvideos alltäglich geworden in der Hochschullehre. Hier erfahren Sie, wie Sie mit wenig Aufwand gute und lernförderliche Lehrvideos erstellen können.

Ja, die Studierenden wollen Ihr Gesicht sehen! Lehrvideos mit Ihnen

Natürlich ist der menschliche Kontakt online nicht so intensiv wie Face-to-Face. Trotzdem lohnt es sich, auch über den virtuellen Raum eine Beziehung zu den Studierenden aufzubauen: Stellen Sie sich, wenn möglich, auch mal vor die Kamera! Die Studierenden schätzen es sehr, Ihr Gesicht sehen und Ihre Stimme hören zu können. Das macht die virtuelle Lehre gleich viel attraktiver und motivierender.

Stellen Sie sich also mindestens einmal in der Lehrveranstaltung auch selbst im Video vor. Und keine Sorge, Ihr Auftritt muss nicht „perfekt“ seinVideoexpertin Karen Costa weist im Podcast darauf hin, dass es sowieso viel sympathischer wirkt, wenn man sich mal verspricht oder ein Hund im Hintergrund bellt.

Ebenfalls muss das Bild nicht perfekt sein – guter Ton lässt das Video gut aussehen. Das ist kein Witz. In der Video-Industrie ist bekannt, dass ein guter Ton das Video besser aussehen lässt – Zuschauer*innen verzeihen schlechte Bild- eher als schlechte Audioqualität.

Wie können Sie dabei vorgehen?

  • Überlegen Sie sich im Voraus in etwa, was Sie sagen wollen. Falls Sie sich im Video vorstellen möchten, dann erzählen Sie doch auch etwas Persönliches von sich. Ihr Lebenslauf ist für die Studierenden weniger interessant als z. B. Ihre ungewöhnlichste Erfahrung als ForscherIn oder ein lustiger Fehler, aus dem Sie einmal viel gelernt haben.
  • Richten Sie sich einen Platz zum Aufnehmen ein. Sie brauchen keine Greenscreen und auch keinen weißen Hintergrund – Ihr normaler Arbeitsplatz oder Ihr Küchentisch reichen völlig aus. Wenn Sie sich auf Youtube umschauen, werden Sie sehen, dass die meisten VloggerInnen in einem normalen Zimmer aufnehmen.
  • Sorgen Sie für gute Beleuchtung. Nehmen Sie am besten dann und dort auf, wo es kräftiges Tageslicht gibt. Das reicht in der Regel völlig aus für ein gutes Bild. Mischen Sie am besten kein künstliches und natürliches Licht – entweder es gibt gutes Tageslicht oder Sie machen die Rollläden runter und schalten einige Lampen ein. Normale Lampen mit Schirmen aus Papier machen dabei weiches Licht und ahmen Profi-Leuchten am besten nach. Wenn Sie solche in der Wohnung haben: super. Sie brauchen m.E. keine Profi-Leuchten kaufen – ich habe auch keine.
  • Probieren Sie es einfach mal aus. Reden Sie sich bei laufender Kamera vielleicht noch ein bisschen warm. Erzählen Sie der Kamera, wie Sie sich fühlen oder was Sie gerade machen. Diesen Einstieg können Sie später wegschneiden. Schauen Sie sich Ihre erste Aufnahme an und machen Sie ggf. weitere Aufnahmen, wenn Sie nicht zufrieden sind. Nach kurzer Zeit werden Sie wissen, wie Sie dabei am liebsten vorgehen.
  • Reflektieren Sie und starten Sie ggf. neu, wenn etwas nicht passt. Vielleicht brauchen Sie doch ein genaueres Skript zum Vortragen? Dann schreiben Sie eins. Oder etwas anderes stimmt nicht? Dann probieren Sie gleich etwas Neues aus, bevor Sie zu lange in suboptimalen Vorgängen verharren!

Was Sie dafür brauchen

  • Ihre Handykamera reicht völlig aus, falls Sie ein modernes Smartphone haben. In meinem Smartphone ist sogar die Frontkamera völlig ausreichend. Oder Sie nutzen die eingebaute Webcam Ihres Laptops.
  • Den richtigen Kamerawinkel. Nehmen Sie sich, wenn möglich, nie von unten auf. Das ist die sog. „Nasenloch-und-Doppelkinn-Perspektive“. Besser ist es, die Kamera ist auf Augenhöhe oder leicht darüber.
Frau von oben und unten, von unten sieht sie komisch aus, von oben nicht.
Der Winkel kann einen großen Unterschied machen.
  • Es lohnt sich vielleicht, ein kleines Mikrofon zum Anknipsen zu nutzen. Mit diesem Modell für aktuell etwa 13 Euro habe ich gestartet; es war wirklich in Ordnung. Inzwischen habe ich das hier für über 50 Euro, was noch viel besser klingt. Oder Sie nutzen ein Headset, falls Sie eins haben.
  • Ein teures Schneideprogramm brauchen Sie bei dieser Art von Video nicht unbedingt. Sie brauchen ja keine komplizierten Schnitte. Schneiden Sie vielleicht lediglich Anfang und Ende des Videos ab, wo Sie zur Kamera greifen oder sich warm reden – das geht entweder ganz einfach mit einem der vielen kostenlosen Online-Tools, oder Sie laden sich den kostenlosen Video-Player VLC herunter und schneiden damit. Falls Sie mit dem Smartphone aufnehmen, können Sie wahrscheinlich auch direkt am Handy einen Ausschnitt rausschneiden.
  • Ein Stativ für Ihr Handy wird Ihnen das Aufnehmen leichter machen – ich nutze dieses hier für aktuell 27 Euro. Falls Sie mitgezählt haben, dann wissen Sie, dass meine „Ausrüstung“ aus Mikrofon und Stativ ursprünglich nur 40 Euro gekostet hat und neulich auf ca. 80 Euro aufgewertet wurde.

Und so kann ein solches Lehrvideo letztlich aussehen.

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Für fünf Minuten Auf- und Abbau und (damals) knappe 40 Euro ein solides Ergebnis.

Die Präsentation: Ihre Vorträge als Video

Was ist aber nun mit den Inhalten, die Sie für die Lehrveranstaltung geplant haben? Vielleicht wollten Sie eine Software oder ein Vorgehen,z. B. eine Literaturrecherche, am PC demonstrieren. Dann können Sie aufnehmen, was Sie am Bildschirm tun, sprich, einen Screencast aufnehmen.

Die Variante Screencast: Schnell und einfach

An Hardware brauchen Sie nur ein Mikro (s. oben), und falls Sie keins haben, können Sie vielleicht auch Ihr Handy als Mikrofon nutzen – probieren Sie es doch mal aus. Außerdem brauchen Sie eine Software, mit der Sie Ihren Bildschirm und Ihre Stimme aufnehmen können. Ich nutze am liebsten SnagIt, das aktuell für Dozierende knappe 33 Euro kostet. Die Software ist sehr einfach zu bedienen, hat aber auch begrenzte Funktionen. Es gibt auch kostenlose Softwares, u. a. kann man den oben erwähnten VLC-Player auch zum Screencasten nutzen.

Falls Sie neugierig sind, finden Sie hier ein Screencast-Video, das ich letztes Jahr erstellt habe. Das Video habe ich mit Camtasia aufgenommen, einer professionellen Schnitt- und Screencast-Software, die viel kann, aber auch 183 Euro kostet. Allerdings kann man Camtasia, wie die meisten zahlpflichtigen Softwares, 30 Tage lang kostenlos testen. Vielleicht reichen Ihnen 30 Tage, um alle Ihre Videos zu erstellen?

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Screencasts sind also leicht zu erstellen. Und wie sieht es aus, wenn Sie einen Vortrag mit PowerPoint halten wollten?

Die Variante PowerPoint: Auch viel einfacher, als Sie denken!

Was viele nicht wissen: Mit PowerPoint lassen sich direkt Videos erstellen. PowerPoint nimmt Ihre Folien UND Ihre Stimme auf und lässt Sie das Ergebnis direkt als Video speichern. Diese Variante ist ebenfalls extrem einfach und kostengünstig – Sie brauchen wieder nur ein Mikro und Ihre normale PowerPoint-Präsentation. Dabei können Sie einstellen, dass Ihre Webcam Sie mit aufnimmt und in der Ecke des Videos anzeigt, oder einfach nur die Folien aufnehmen.

Wie das genau funktioniert, können Sie direkt bei Microsoft Office nachlesen. Oder Sie schauen sich das schöne Erklärvideo dazu von eLearning-Expertin Martina Keglovits an (6 min).

Und wie können Sie Videos schneller schneiden?

Diese drei Tipps helfen Ihnen, beim Schneiden Zeit zu sparen:

  • Schneiden Sie direkt nach der Aufnahme. Dann erinnern Sie sich noch an das Gesagte, an Stellen, die gut oder nicht so gut waren.
  • Trennen Sie bei der Aufnahme gute und schlechte Stellen voneinander, sodass Sie sie beim Schneiden schnell erkennen und sauber auseinanderschneiden können. Wenn Sie einen Satz z. B. mit besserer Formulierung ein zweites Mal wiederholen wollen, dann machen Sie vorher drei Sekunden Pause oder klatschen Sie dreimal. Das sehen Sie dann ganz leicht in der Audiospur des Programms.
  • Stellen Sie Ihre Videos zum Schneiden auf anderthalbfache Geschwindigkeit – dann sparen Sie beim Anhören und Durchgehen Zeit. Vergessen Sie dann nicht, am Ende wieder auf normale Geschwindigkeit zu stellen!
  • Schneiden Sie von hinten nach vorne – sprich, hören Sie sich Ihre letzten Sätze zuerst an. Diese werden in der Regel ja die sein, die Sie behalten wollen.

Was ist sowieso viel wichtiger als die Technik?

Aus der Forschung bringen wir Ihnen noch einige „Geheimnisse“ guter Lehrvideos, die nicht mehr geheim sein sollen! Ganz unabhängig von der Technik und Art des Videos können Sie Folgendes umsetzen…

  • Bei Videos bis zu 6 Minuten wird tendenziell das ganze Video geschaut, bei Videos zwischen 12 und 40 Minuten werden eher nur 20 % des Videos geschaut. Es lohnt sich also, kürzere Videos zu produzieren. Sie haben viel mehr Stoff, als in 6 Minuten reinpasst? Kein Problem! Teilen Sie das Video in viele Teile auf. Geben Sie der Video-Reihe durch gute Titel und ggf. Thumbnails eine klare Struktur. Und ….
  • …nutzen Sie die vielen kurzen Videos, um den Studierenden vor jedem Video Leitfragen zu stellen, die sie nach dem Video beantworten können sollten. Das steigert ihren Lernerfolg.
  • Sprechen Sie, wenn möglich, eher schnell. Unter Umständen bleiben die Studierenden dann länger dabei. Sie sprechen einfach langsam und können/wollen das nicht ändern? Weisen Sie die Studierenden darauf hin, dass sie das Video auch schneller, z. B. in anderthalbfacher Geschwindigkeit, abspielen können.

Fazit: Sie können gleich heute beginnen, wirksame Lehrvideos zu erstellen, ohne dass es Sie zu viel Zeit kostet.

Nun hoffe ich, Sie davon überzeugt zu haben, dass Sie wirklich ohne große Investitionen gleich jetzt mit der Gestaltung eines Lehrvideos beginnen können. Haben Sie dabei nicht zu hohe Ansprüche an sich – Ihr Lehrvideo muss nicht auf „Hollywood-Niveau“ sein. Die Studierenden werden das Video sowieso schätzen!

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